Blut und ErbrochenesTodesmutig: Stubbins Ffirths unglaubliche Selbstversuche
Vieles, was heute selbstverständlich ist, erforderte von unseren Vorfahren besonderes Engagement. Der Mediziner Stubbins Ffirth etwa unternahm für seine Forschungen ganz denkwürdige Selbstversuche. Er war nicht der Einzige.
Darum gehts
Manchmal hilft nur ein Selbstversuch, um etwas zu beweisen: Was heute seltener geworden ist, war früher durchaus Usus.
US-Mediziner Stubbins Ffirths ging in seinen Experimenten zur Gelbfieber-Krankheit besonders weit und ass sogar Erbrochenes von Erkrankten.
Andere Forscher überschritten andere Grenzen: Der Rechtsmediziner Nicolae Minovici erhängte sich zum Beispiel zwölf Mal – und überlebte.
Für ihre Überzeugungen gehen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler oft die berühmte Extrameile. Katalin Karikó, die 2023 zusammen mit ihrem Forschungspartner Drew Weissman mit dem Medizin-Nobelpreis ausgezeichnet wurde, erlebte in der Vergangenheit viel Ablehnung, gab aber nie auf.
Selbstversuche für die Forschung
Andere Forschende unternahmen sogar Selbstversuche, um zu prüfen oder sich und anderen zu beweisen, dass ihre Thesen richtig sind. Nicht allen gelang dies auch. Der eine oder andere liess sogar sein Leben (siehe Bildstrecke). Einer, der für seine Beweisführung besonders weit ging, war der Amerikaner Stubbins H. Ffirth, der sich dem Gelbfieber (siehe Box) gewidmet hatte.
Darum war damals Gelbfieber ein Thema
Ende des 18. Jahrhunderts kam es unter anderem in Philadelphia im US-Bundesstaat Pennsylvania zu einer Gelbfieberepidemie: Laut Sterberegister fielen zwischen dem 1. August und dem 9. November 1793 mehr als 5000 Personen der Krankheit zum Opfer. Das waren rund zehn Prozent der damaligen Stadtbevölkerung.
Gelbfieber, die grosse Unbekannte
Wo die Krankheit herkam und wie sie übertragen wird, wusste man damals noch nicht. Viele Menschen glaubten zu der Zeit, dass das potenziell tödliche Fieber (siehe Box) durch Kontakt oder über die Luft übertragen wird. Darum wurden Quarantänen verhängt und die Erkrankten wie Pestopfer behandelt. Ffirth, der an der University of Pennsylvania Medizin studierte, sah das anders: Er war davon überzeugt, dass es sich bei Gelbfieber nicht um eine Infektionskrankheit handelte, sondern es durch eine Kombination von Hitze, bestimmten Esswaren und Lärm entsteht.
Diverse Selbstversuche sollen Ffirths Theorie bestätigen
Der 1784 in Salem (US-Bundesstaat New Jersey) geborene Ffirth beschloss, seine Dissertation dem Thema zu widmen und den Beweis für seine These in verschiedenen Selbstversuchen zu erbringen. Grenzen kannte sein Forschungsdrang nicht:
Er ritzte sich kleine Schnitte in den Arm und bestrich diese mit Erbrochenen von Gelbfieber-Kranken.
Er tröpfelte sich Auswurf von Betroffenen in die Augen.
Er inhalierte die Dämpfe von «black vomit», wie das Erbrochene von an Gelbfieber erkrankten Personen aufgrund seiner Farbe damals bezeichnet wurde.
Er ass das Erbrochene auch.
Er injizierte sich nach und nach Blut, Urin und Speichel von Gelbfieberkranken.
Würdest du für deine Überzeugungen auch so weit gehen wie die hier vorgestellten Forscher?
Zwar entwickelte Ffirth in der Folge leichte Symptome wie Kopfschmerzen, Schweissausbrüche, Übelkeit oder Entzündungen. Aber an Gelbfieber erkrankte er nicht. Ffirth sah seine These bestätigt und dokumentierte seine Ergebnisse in seiner 1804 eingereichten Dissertation. Deren Titel war «A Treatise on Malignant Fever; with an Attempt to Prove Its Non-Contagious Nature» (Eine Abhandlung über bösartiges Fieber; mit einem Versuch, seine nichtansteckende Natur zu beweisen). Er erhielt daraufhin die Doktorwürde.
Gelbfieber: Das wissen wir heute
Die von Mücken übertragene Infektionskrankheit wird von einem Virus aus der Flavi-Familie ausgelöst, zu der auch Ebola und Zika gehören. Das Gelbfieber-Virus kommt hauptsächlich in den tropischen Gebieten Afrikas sowie Mittel- und Südamerikas vor. Nach Schätzungen der WHO erkranken jährlich 84'000 bis 170'000 Menschen an Gelbfieber, rund 60'000 sterben daran.
Drei bis sechs Tage nach der Infektion kommt es zu plötzlichem hohem Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen sowie Übelkeit und Erbrechen. Bei einem milden Verlauf ist die Krankheit damit überwunden. In schweren Fällen kommt es zu Leberschwellung, Gelbsucht, Nierenversagen und Blutungen in Haut, Schleimhäuten und Magen-Darm-Trakt sowie zu Organversagen. Laut BAG erkranken Reisende und eingewanderte Personen häufiger an der schweren Form, Einheimische hingegen eher an der milden.
Ffirth lag trotzdem falsch
Doch Ffirths Schlussfolgerungen waren fehlerhaft. Heute weiss man, dass Gelbfieber tatsächlich hoch ansteckend ist. Die Krankheit wird aber nicht von Mensch zu Mensch, sondern von Moskitos übertragen. Konkret durch Mücken der Gattungen Aedes und Haemagogus, die es beim Stich von infizierten Personen oder Tieren (Vögeln, Affen) aufnehmen und an andere Menschen weitergeben.
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